Ich begleite während meiner Arbeit viele Frauen und Männer, die einen geliebten Menschen verloren haben. Auch sehr viele Eltern, die ihr Kind gehen lassen mussten. Diese Tragödie wird oft auch noch zu einer Belastungsprobe für die Beziehung. Nicht selten kommt es vor, dass nach dem Tod eines Kindes auch die Partnerschaft zerbricht. Dies hat mich dazu bewegt, darüber meine Kolumne zu schreiben.
Heute berichte ich also nicht über das Weiterleben im Jenseits und darüber, dass es unseren Verstorbenen nach dem physischen Leben in der geistigen Welt gut geht. Sondern ich möchte mich mit dem Unterschied zwischen der Trauer von Frauen und Männern beschäftigen. Mir ist bewusst, dass dies nicht auf alle Paare zutrifft, aber erfahrungsgemäß doch auf sehr viele.
Immer wieder haben sich Frauen ganz verzweifelt an mich gewandt und erzählt, wie sie die Trauer ihres Partners wahrnehmen. Sie denken, dass ihr Partner gar nicht richtig trauert und dass er manchmal sogar wütend reagiert, wenn sie mit ihm über den Tod ihres Kindes sprechen wollen. Wenn ich dann allerdings die Aura des Mannes angesehen habe, konnte ich sehr tiefe Narben der Trauer sehen. Auch bei Männern, die sich äußerlich wenig haben anmerken lassen.
Warum können Männer ihre Trauer nicht teilen?
Warum haben sie oft nicht das Bedürfnis, über ihren Schmerz zu sprechen? Weil da manchmal sehr tiefe Muster dahinterstecken und der Mann von Natur aus anders mit Problemen oder eben mit Trauer umgeht. Es geht mir in der Kolumne nicht darum, den Mann in Schutz zu nehmen, sondern ich möchte helfen, dass die Frauen ihren Partner besser verstehen.
Bei Frauen ist es häufig so, dass sie nach dem Tod eines Kindes viel darüber sprechen. Reden und sich austauschen mit Mitmenschen hilft ihnen, zu verarbeiten und macht den Schmerz erträglicher. Frauen reagieren mehr auf der emotionalen Ebene und können die Gefühle besser zuordnen und verarbeiten, wenn sie darüber reden. Dieser Prozess kann Wochen, Monate und bei vielen auch Jahre dauern. Wenn sie aber mit ihrem Mann sprechen wollen, reagiert er oft mit Schweigen, zieht sich zurück oder wird sogar wütend. Oft höre ich Männer sagen: «Das bringt nichts… Du musst loslassen… Das ständige Darüber-Reden bringt unser Kind auch nicht wieder zurück…» Natürlich stossen die Männer damit auf Unverständnis.
Warum reagieren viele Männer mit Rückzug und Schweigen?
Oft wirken da sehr alte Muster. Dem jungen Mann wird eingeredet: «Ein Junge weint nicht! Als Mann musst du stark sein! Emotionen ist was für Mädchen!» Auch heute noch ist dies in den Köpfen von Jungs drin. Damit verpassen sie es als Kind und Jugendlicher, Erfahrungen zu sammeln, und lernen ihre Emotionen nicht kennen. Das ist einer der Gründe. Doch Männer verarbeiten auch ganz anders. Wenn Männer ein Problem haben, wollen sie es mit sich selbst ausmachen. Sie ziehen sich zurück und grübeln über das Problem, über den Verlust… oft Tage, Wochen und Monate lang.
Doch sie sprechen nicht darüber, weil sie unbewusst nicht schwach erscheinen wollen. Das gehört sich nicht für einen Mann – so wurde es ihm beigebracht. Und es liegt auch in seiner Natur. Ein Mann verarbeitet vieles eher in der Stille und für sich selbst. Wenn er über Probleme sprechen muss, hat er den Druck, eine Lösung zu präsentieren. Männer sprechen erst dann, wenn sie Lösungsvorschläge haben. Doch weil es beim Verlust eines Kindes keine Lösung gibt, ziehen sich zurück und schweigen.
Gegenseitiges Verständnis ist wichtig. Ich hoffe, meine lieben Frauen, dass ihr euren Mann besser verstehen könnt. Er trauert genauso, er verarbeitet nur ganz anders als ihr. Mir ist bewusst, das trifft nicht auf jeden Mann und jede Frau zu. Doch es sind sehr viele und das Problem wiederholt sich fast identisch immer und immer wieder. Mein Wunsch ist es, dass viele Herzen von Eltern heilen können, die ein Kind verloren haben. Ich wünsche allen viel Kraft und das Wissen, dass wir in der geistigen Welt weiterleben.
Allen viel Kraft, Pascal Voggenhuber
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